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Schlitzblende

Typischerweise haben Lochkameras runde Löcher. Damit gelingt eine Projektion der Wirklichkeit, die weitgehend der des menschlichen Auges entspricht. Die Öffnung einer Lochkamera muss aber nicht rund sein: Zu ähnlichen Resultaten gelangt mit quadratischen Blenden.(1)

Von ersten Versuchen mit schlitzförmigen Öffnungen (Schlitzblende, slit aperture) wird zu Beginn des letzten Jahrhunderts berichtet. Insbesondere durch Kombination, d.h. durch das „Hintereinanderschalten“ horizontaler und vertikaler Schlitze wurden gezielt Verfremdungen erzielt.(2) Ganz spezielle Bildaussagen lassen sich erzielen, wenn man auf die Kombination mehrerer Öffnungen verzichtet und sich auf einen horizontalen oder vertikalen Schlitz beschränkt.

In Aufnahmen mit horizontalen Schlitzen erscheint die horizontale Dimension des Motivs - in Abhängigkeit von der Schlitzlänge - mehr oder weniger aufgelöst. Bei Verwendung von Schlitzlängen, die kleiner sind als die Projektionsfläche (i.d.R. das Negativ), sind Reste des originären horizontalen Bildaufbaus zu erahnen.

Völlige Auflösung des horizontalen Aufbaus entsteht, wenn die Schlitzlänge der Negativgröße entspricht. Alleine der vertikale Motivaufbau bleibt erhalten und bildet sich in horizontalen Schichten ab. Jede horizontale Schicht ist quasi die Summe ihrer vertikalen Motivelemente. Durch die sich überlagernden Formen geht die horizontale Gestalt des Motivs verloren und es verbleiben alleine Farbschichten.

Ob in solchen Aufnahmen noch etwas von dem ursprünglichen Motiv zu erahnen ist, hängt von dessen vertikaler Gliederung ab. Eine typische Landschaftsaufnahme etwa ist im Wesentlichen vertikal gegliedert, etwa: Vordergrund, Horizontlinie, Himmel. Diese Hauptsegmente bleiben bei der Aufnahme mit einer horizontalen Schlitzblende im Wesentlichen erhalten, werden aber äußerst stark reduziert. Am vertikalen Farbaufbau, gefasst in horizontale Farbschichten erkennt der Betrachter das Grundmuster ihm vertrauter Motive. Nachfolgend ist eine Digitalkameraaufnahme einer Lochkameraaufnahme mit Schlitzöffnung gegenüber gestellt.


Es entstehen damit abstrakte Landschaftsbilder mit stark reduzierten Details. Diese Reduktion fällt markant stärker aus als bei klassischen Lochkameraaufnahmen, die die Details lediglich durch Unschärfe zurückdrängen. Mit Schlitzblenden entsteht eine Reduktion, die durch die besondere Art des Sehens zustande kommt, die deutlich von der unserer Augen abweicht. Es entsteht ein alternatives Abbild der uns umgebenden Welt.

Ende der 1980er Jahre installierte der US-Amerikaner Harry Littell Schlitzkamera-Projektoren, die in einem dunklen Raum das durch den Schlitz verfremdete Geschehen auf einer anliegenden Straße in den abgedunkelten Ausstellungsraum übertrug. Seit 1995 produziert der deutsche Photograph Micheal Wesely ganze Aufnahmezyklen mit einer selbstgebauten Schlitzkamera. Während er einen horizontalen Schlitz für Landschaftsbilder verwendet benutzt er einen vertikalen Schlitz zur Aufnahme von Gebäuden (New York und Florenz). (4)

Anmerkungen

1 Vgl. Schmidt-Ploch (2001), S. 81ff. | 2 Vgl. Scientific America (1916). | 3 Vgl. Renner (2004), S. 219 - 221. | 4 Vgl. Renner (2004), S. 221 -222 und die Homepage des Künstlers www.wesely.org sowie Wesely (2004).

Literatur und Material

Renner, Eric (2004): Pinhole Photography. Rediscovering a Historic Technique, Amsterdam etc. | Schmidt-Ploch, Ulrich Clamor (2001): Die Lochkamera, Freiburg i..Br. | Scientific America, February 15, „The Slit Camera“. | Weseley, Michael: Homepage www.wesely.org. | Wesely, Michael (2004), Ostdeutschland.